29.08.11

Wie Urteile pro Abzocke zustande kommen

Wenn man sich all die Urteile pro Abzocke anschaut, welche über die letzten Jahre von den Firmen IContent GmbH, Webtains GmbH, Content4u GmbH, Premium Content GmbH, OPM Media GmbH und demnächst vermutlich auch Paid Content GmbH erwirkt wurden/werden, fällt zunächst auf, dass die Initiative der Urteile für den Frankfurter Kreisel um Michael Burat, also Premium Content GmbH, Webtains GmbH, Content4u GmbH und IContent GmbH fast ausschließlich von den Opfern ausging, während die Connection um das Gespann Frank Drescher und Bernhard Soldwisch, also OPM Media GmbH und demnächst wohl auch die erst vor Kurzem ins Leben gerufene Paid Content GmbH hier die Initiative selbst ergreift und scheinbare Opfer vor Gericht zitiert.

Sämtlichen Urteilen liegt die folgende, auffällige Gemeinsamkeit zu Grunde, nämlich dass sich alle Urteile mit den Webseiten selbst befassen, aber niemals mit dem Weg, welcher in die Abofalle führt. Nur so sind solche Sätze in den Entscheidungsgründen der Urteile zu verstehen, wie „Demzufolge war bei der Anmeldung die Webseite so gestaltet, wie sich dem Ausdruck auf Blatt xx der Akte entnehmen lässt. Dies genügt nach der Rechtsprechnung des Landgerichts xxx und des Oberlandesgerichts yyy den Anforderungen der Preisangabenverordnung.“

Offensichtlich wurde von keinem Opfer vorgetragen, wie es denn in die Falle getappt ist. So brauchte der Abzocker sein Anliegen im Prozess nur mit einigen, für den Richter unverständlichen, technischen Belanglosigkeiten sowie dem Verweis auf seine Webseite inkl. der dort inzwischen vorhandenen Preisauszeichnung vortragen.

Wie es denn ausschaut, wenn ein Opfer den Vorgang sachgemäß vorträgt, wollen wir aus dem Urteil aus Alzey zitieren:

„... die Klägerin (Anm.: also die OPM Media GmbH, vertreten durch Frank Drescher) handelte in der Absicht den Beklagten über die Entgeltlichkeit der Datenbank arglistig zu täuschen. Die Gestaltung des Internetauftritts war bereits durch die kostenhinweisfreie Gestaltung dazu konzipiert, den Beklagten über die Entgeltlichkeit in Ungewissheit zu lassen…
… Für die Annahme der arglistigen Täuschung spricht zudem, dass ansonsten das Geschäftskonzept der Klägerin nicht plausibel erscheint. Unterstellt man, dass ein auf die Internetseite zugreifender Verbraucher die Vergütungspflichtigkeit kennen würde, ergibt sich die Frag, was diesen dazu verleiten sollte, das Angebot der Klägerin ohne vorherige Testmöglichkeit zu nutzen, wenn gerade eine Vielzahl vergleichbarer Angebote im Bereich der Mitfahrzentrale zur kostenfreien Nutzung über das Internet bereitsteht.“

Ob die Urteile pro Abzocke auch so ausgefallen wären, wenn die Richter den Weg zur Abzocke hätten sehen können, weil das „scheinbare“ Opfer den folgenden Sachvortrag gemacht hätte, halten wir für äußerst fraglich.

Da ist nämlich zunächst die Google-Suche mit den Suchwörtern wie zum Beispiel „Spülmaschine“ + „günstig“ und die daraus erfolgte Trefferanzeige:

Wir finden zum Beispiel die Werbung auf Fängerdomains mit dem Werbeeintrag „bis zu 59 % sparen. Umgehen Sie den Einzelhandel.“

Anmerkung:
der Screenshot wurde zu einem Zeitpunkt gemacht, als das Netz nicht ganz so abzockeverseucht war, denn üblicherweise finden wir hier bis zu 5 beworbene Abzockvorschaltdomains untereinander.

In der Erwartung eine Webseite gefunden zu haben, über die eine Spülmaschine bis zu 59 % günstiger ist, weil die Einzelhandelsspanne eingespart wird, erfolgt der Klick auf den Eintrag und führt zu der beworbenen Vorschaltdomain mein-haushaltgeraete1.com

Kein Impressum, keine Preisangabe, kein Hinweis auf eine Kostenpflicht, statt dessen wird die Erwartung noch mehr sparen zu können durch die Prozentangaben bis zu 80 % sogar noch erhöht.

Welcher Euphemismus hinter dieser Masche steckt, wird dadurch ersichtlich, dass es nicht etwa heißt „weiter“ oder „Registrieren“, sondern „JETZT SPAREN!“

Wer glaubt, jetzt nach dem 3. Klick so etwas, wie eine hinreichende Preisauszeichnung nicht etwa für die gesuchte Spülmaschine sondern nur für die Webseitennutzung zu sehen zu bekommen, der irrt gewaltig, denn er landet wieder nur auf einer Vorschaltseite:

Wein für 1 €, bis zu 80 % sparen, ein durgestrichener Preis von 299 mit dem jetzt gültigen Preis von 149,95 € sind Reizwörter und optische Leckerbissen für Sparfüchse. Aber bei dieser Seite zu vermuten, dass allein die Nutzung der Seite etwas kosten soll, ist wohl nur für die Abzocker selbst nachvollziehbar. Also werden die potentiellen Opfer auch nicht bei der Änderung von „JETZT SPAREN“ zu „JETZT REGISTRIEREN“ argwöhnisch und klicken darauf:

Die Erwartungshaltung ist ja die, etwas sparen zu können. Hier nach dem 4. Klick erscheint dann das erste Mal der zarte Hinweis darauf, dass der ganz Spass für 2 Jahre insgesamt EUR 192 kosten soll. Aber es kommt noch besser, denn dass er sich registrieren soll, ist dem vermeintlichen Kunden ja inzwischen bewusst, weshalb er immer noch ohne Argwohn die Registrierungsform ausfüllt und siehe da, es passiert etwas:

Und was genau ist passiert, als das echte Opfer die Registrierungsform zum Ende hin ausgefüllt hat? Richtig, der ach so zarte Preishinweis ist beim Scrollen nach oben hin entschwunden, weshalb das echte Opfer immer noch ohne Argwohn den Knopf „JETZT ANMELDEN“ klickt und somit in der Kostenfalle hockt. Wir können uns nicht vorstellen, dass nur ein einziges Urteil pro Abzocke ergangen wäre, hätte ein „echtes Opfer“ diesen Vorgang vorgetragen.