Dass er wirklich etwas gewinnen würde, hat Herr X. nicht geglaubt. Der Rentner war einsam und wollte etwas erleben, deshalb fuhr er mit. Als er am Abend wieder nach Hause kam, hatte er 500 Euro ausgegeben. Für einen ganzen Karton voll mit Nahrungsergänzungsmitteln, die angeblich vorbeugend gegen alle möglichen Alterserscheinungen helfen sollten. Der Versuch, die Ware zurückzugeben, scheiterte, weil nirgendwo eine Adresse des Veranstalters zu finden war, das Geld war weg.
Wie diesem Rentner geht es vielen, die sich auf eine sogenannte Kaffeefahrt einlassen. Mit einer bunten Einladung werden sie in einen Bus gelockt, der sie an einen abgelegenen Ort bringt. Sie bekommen dort ein kostenloses Mittagessen und müssen dafür eine Veranstaltung über sich ergehen lassen, bei der alle Register der Verkaufspsychologie gezogen werden. Am Ende kaufen sie maßlos überteuerte Bratpfannen, Magnetfelddecken oder Demenzmittel von zweifelhafter Qualität.
Aktuell häufen sich die Anzeigen bei der Polizei in Heidelberg, Schreiben/Einladungen einer „Niedersächsischen Treuhand“ mit Sitz in Cloppenburg suggerieren hohe Geldversprechen und Sachpreise, die im Rahmen einer Busfahrt übergeben werden sollen.
Trotz wiederholter Warnungen vor günstigen Kaffeefahrten fallen leider immer noch viele Senioren darauf herein und müssen erkennen, dass nicht die versprochenen Besichtigungen, sondern eine Werbeveranstaltung im Vordergrund steht. Dort werden sie oftmals von windigen Verkäufern geschickt unter Druck gesetzt und dazu gedrängt, Kaufverträge abzuschließen, die nicht selten ihr monatliches Einkommen übersteigen. Zudem versuchen unseriöse Verkäufer das Widerrufsrecht zu unterlaufen. Dieses erlaubt es, bei Kaffeefahrten oder ähnlichen Veranstaltungen geschlossene Kaufverträge binnen 14 Tage zu widerrufen. Windige Vertreter nehmen dann Bestellungen ohne Datumsangabe auf und können diese später rückdatieren – die Widerrufsfrist ist damit schnell verflogen. Daher ist es besonders wichtig auf das Datum und die Belehrung über das Rücktrittsrecht zu achten. Am sichersten ist es aber, bei einer Werbeveranstaltung erst gar nichts zu kaufen oder zu unterschreiben.
Denn bei solchen Verkaufsveranstaltungen geht es nur ums schnelle Geschäft. Die als Schnäppchen gepriesenen Kochtöpfe, Badezusätze oder Trinkkuren sind nach polizeilicher Erfahrung häufig minderwertiger und teurer als im Fachhandel.
Mit den folgenden Tipps der Polizei können sich ältere Menschen vor den Tricks der Verkäufer schützen:
- Es spricht nichts gegen eine Kaffeefahrt, aber fühlen Sie sich niemals zu einer Bestellung oder einem Kauf verpflichtet.
- Unterschreiben Sie nichts, was Sie nicht genau verstanden haben. Unterschriften sind nie „reine Formsache“.
- Beachten Sie bei Verträgen immer Datum und Unterschriften. Ein fehlendes oder falsches Datum erschwert die Durchsetzung Ihres Widerrufsrechts.
- Fordern Sie eine Vertragsdurchschrift, auf der Name und Anschrift des Vertragspartners deutlich lesbar sind.
- Wenn Sie vom Vertrag zurücktreten möchten: Schicken Sie einen schriftlichen Widerruf (Einschreiben mit Rückschein) binnen zwei Wochen nach Vertragsschluss an den Verkäufer.
- Das deutsche Widerrufsrecht gilt auch für Kaffeefahrten ins Ausland, wenn in Deutschland dafür geworben wurde und Busfahrt, Veranstaltung und Verkauf von einem deutschen Unternehmen durchgeführt wurden.
- Die Broschüre "Der goldene Herbst" ist bei den (Kriminal-) Polizeilichen Beratungsstellen erhältlich sowie im Internet als Download eingestellt unter www.polizei-beratung.de. Sie enthält auch andere wertvolle Tipps für Senioren zum Schutz vor Straftaten.
Quelle: Polizeidirektion Heidelberg