Am 7. Dezember 2011 fand ab 8.30 Uhr die zweite Verhandlung beim Schöffengericht Leipzig im Fall kino.to statt. Angeklagt war Martin S. aus Leipzig. Der heute 27-Jährige, der zuvor noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten war, wurde wegen gemeinschaftlich begangener gewerbsmäßiger Urheberrechtsverletzungen in 1,1 Million Fälle zu drei Jahren Haft verurteilt. Der Richter stellte in seiner Urteilsbegründung klar, dass das Bereitstellen der Links über kino.to letztlich das "öffentlich Zugänglichmachen" der Raubkopien sei.
Das Strafmaß begründete Amtsrichter Mathias Winderlich damit, dass die mittels kino.to begangenen Urheberrechtsverletzungen "bei weitem über das übliche Maß" hinausgingen. Der Angeklagte habe sich einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Vorteil durch die Urheberrechtsverletzungen verschafft. "Die Kinofilme waren dabei nur Mittel zum Zweck", so der Richter. Strafmildernd wirkte sich laut Gericht vor allem das aus familiären Gründen zwar späte, aber aufrichtige und umfassende Geständnis des Angeklagten aus.
Der gelernte Kfz-Mechaniker, der in familiärer Beziehung zu dem mutmaßlichen Kopf der kino.to-Bande steht, erwirtschaftete im System kino.to nahezu 400.000 Euro aus "Wartungs- und Verwaltungsarbeiten" sowie "Nutzung von Werbeflächen", wie aus den von der Anklage vorgetragenen Rechnungen des Martin S. hervorgeht. Nach Abzug aller Kosten blieben ihm annähernd 230.000 Euro Gewinn für die Zeit vom August 2009 bis Juni 2011. Die Werbe-Einnahmen stammten überwiegend aus Abofallen, die unbedarften Nutzern wiederkehrende Gebühren für ansonsten frei erhältliche Software oder minderwertige Angebote in Rechnung stellten.
Der nunmehr Verurteilte war seit August 2009 der Haupt-Administrator der Portalseite kino.to und betrieb zudem einen eigenen Filehoster mit zuletzt 16.780 Raubkopien, die ausschließlich über die Verlinkung auf kino.to von Nutzern gefunden und genutzt werden konnten.
Als Haupt-Administrator war er zugleich "die Stimme von kino.to", wie es die Anklage formulierte. Er kommunizierte über das kino.to-eigene Forum mit den Nutzern nach außen und intern mit den Uploadern, welche die Raubkopien auf die Filehoster hochluden sowie mit den so genannten Freischaltern. Diese hatten die Aufgabe, die Links nach verschiedenen Qualitätsmerkmalen zu prüfen und erst danach auf der Portalseite zu aktivieren. Martin S. war nach eigener Aussage vor Gericht ebenfalls als Freischalter tätig und in den letzten Jahren der Hauptuploader für aktuelle Kinofilme.
Von der Anklage dazu befragt, woher das System kino.to eigentlich seine Einkünfte beziehe, gab S. an, dass der Kopf der Bande, Dirk B., von Valentin F. monatliche Zahlungen erhalten habe, die zeitweilig im sechsstelligen Bereich gelegen haben. Dies habe ihm Dirk B. erzählt. Um Werbung für kino.to zu machen, habe F. zudem auf dem Portal Gulli.com, das er zuvor gekauft hatte, ein Interview zu diesem Thema platziert. Dieses Interview sei gemeinsam von dem Angeklagten selbst und zwei weiteren kino.to-Betreibern entwickelt und niedergeschrieben worden.
Das Portal kino.to listete nach Erkenntnissen der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V. (GVU) zuletzt Links zu mehr als 30.000 unterschiedlichen Kino- und Spielfilmen, Dokumentationen und TV-Serien. Zumeist waren zu jedem einzelnen Titel mehrere Raubkopien über kino.to erhältlich, so dass die Linkzahl weitaus höher lag. Im Juni 2011 belegte www.kino.to laut Alexa-Ranking, welches die Beliebtheit von Internetseiten bewertet, Platz 47 der in Deutschland am meisten aufgerufenen Internetseiten. Damit verzeichnete das Portal mehr Besucher als die Webseiten des FOCUS, von N-TV, Amazon und der Tagesschau. Einnahmen generierten die Köpfe des Systems kino.to über Werbebanner und Abofallen. Die GVU stellte seit 2008 insgesamt drei Strafanträge gegen die Betreiber von kino.to. Mit dem Strafantrag vom 28. April 2011 stieß die GVU das aktuelle, erfolgreiche Verfahren an.
Quelle: GVU.de