01.10.12

Notizen zum Prozess gegen Call-Center-Mafia

Am vergangenen Mittwoch begann am Frankfurter Landgericht der Prozeß wegen bandenmäßigem Betrug gegen zwei "Kaufleute", denen die Staatsanwaltschaft vorwirft, sie hätten innerhalb eines Jahres rund 100.000 Telefonkunden geprellt. Laut Anklage soll der entstandene Schaden mindestens zwei Millionen Euro betragen. Zu den bereits erschienen Presseartikeln stellen wir hier mit einigen Ergänzungen noch weitere Hintergrundinformationen bereit.

Damit die wöchentlichen Abbuchungen von 9,90 Euro nicht sofort auffielen, nutzten die Betrüger die Dienstleistungsverträge von Netzbetreibern, so dass die Gebühren automatisch mit der Telefonrechnung abgebucht wurden. Merkten die Geprellten, dass bei ihnen stinkfrech regelmässig «abgebucht» wurde, hatten sie keine Chance, das Geld zurückzufordern. Denn um die Zahlungen zu verschleiern, habe der 32-jährige Hauptangeklagte Faustus Eberle eine Vielzahl von Strohleuten und Scheinfirmen in den USA und auf den Virgin Islands genutzt.

Dieses Vorgehen erinnert frappant an die Betrügereien des so genannten «Wiener Karussells» - auch hier laufen Ermittlungen ...

Der 32 Jahre alte Kaufmann Faustus Eberle aus Frankfurt ist nach Meinung der Staatsanwaltschaft die treibende Kraft der gewerbsmässigen Betrügereien gewesen. Er baute ein Firmengeflecht auf und soll die Leitfäden geschrieben haben, an die sich seine Mitarbeiter in den irreführenden Telefonaten halten mussten.

Eberle und seine Kumpanen gründeten in der Vergangenheit auch in der Schweiz diverse Firmen und lebten zeitweise in Zug - von dort aus zockten sie vorwiegend in Deutschland ab. Zum Firmengeflecht gehörte auch die Europe Holding. Im Verwaltungsrat sitzt dort seit April der Deutsche Udo Michael Polzin, der auch als Geschäftsführer der Firma DIS Deutsche Inkassostelle GmbH amtete. Die DIS gehörte ebenfalls zu Eberles Firmengeflecht. ...

Quelle und vollständiger Bericht: Handelszeitung.ch

Neben den Hauptangeklagten scheinen auch die im Hintergund agierenden Anwälte des des mafiösen Firmengeflechts eine nicht unerhebliche Rolle zu spielen.

Der 32-Jährige, vor dem seit Jahren auf einschlägigen Seiten im Internet gewarnt wird, hat am ersten Verhandlungstag von Fehlern gesprochen, die er begangen habe. Er habe die Grenze zwischen seriösen Produktverkäufen und moralisch bedenklicher Akquise überschritten. Er betonte aber gleichzeitig, beim Erstellen seiner Leitfäden und der späteren Verträge immer auf den Rat eines Rechtsanwaltes gehört zu haben. ...

Quelle und vollständiger Bericht: DIE WELT

Bei Prozessbeginn anwesende Beobachter berichten über die Aussagen von Eberle, dass dieserweitere Personen belastete. Namentlich erwähnt wurden dabei Tobias Kirmeier, der bereits in unserem Beitrag zur Telefonabzocke mit Tankgutscheinen eine Rolle spielte, als auch der Bonner Anwalt Boris Hoeller. Dieser war einem Bericht von Heise.de über Fallensteller auch schon als Inkasso-Anwalt für die Online Content Ltd. tätig.

Laut Impressum von vorlagen-archiv.com wird das Angebot von der Online Content Ltd. bereitgestellt, die in einem Bürohaus im britischen Berkshire residiert. Wir fragten per Mail bei der angeblichen Chefin („Director“) Katarína Dovcová nach, ob es sich hier nicht womöglich um eine Briefkastenfirma handelt. Sicherheitshalber richteten wir die Anfrage auch an den deutschen Inkasso-Anwalt von Online Content, Boris Höller. Beide blieben eine Antwort schuldig.

Da es sich in diesem Fall aber um den Frankfurter Kreisel handelt, für den Boris Hoeller aktiv war und auch Michael Burat in seinem Prozess von einem anwaltliche Berater die Rede war, stellt sich die Frage, ob es Gemeinsamkeiten bzw. übergeordnete Strukturen zwischen dem Frankfurter Kreisel und dem Zuger Kreisel gibt. Offensichtlich fällt den Anwälten im Dienste der Abzocker eine wesentlich herausragendere (Führungs-) Rolle zu als bisher angenommen.

Bei dem zweiten Hauptangeklagten soll es sich um einen 40-Jährigen handeln, der als Geschäftsführer des Call-Centers im Kosovo tätig war. Zur Identifizierung der Person rufen wir zunächst im Handelsregister des Kosovo die Daten für die zu Eberles Firmengeflecht zugehörige MC Communication auf.

Dem Registerauszug ist zu entnehmen, dass neben dem Unternehmen Flowmex auch eine Firma Kash Capital als Eigentümer eingetragen ist. Die Kash Capital ist sowohl in Deutschland als auch im Kosovo mit einer Niederlassung vertreten, wie das Impressum der Firmenwebseite bestätigt.

Als Geschäftsführer wird hier Kadrush Shijaku genannt. Aber auch im Handelsregister von Frankfurt ist der Name Kadrush Shijaku eingetragen als Geschäftsführer der Kash Capital GmbH.

Amtsgericht Frankfurt am Main Aktenzeichen: HRB 84892 Bekannt gemacht am: 05.09.2011 22:00 Uhr

Veröffentlichungen des Amtsgerichts Frankfurt am Main In () gesetzte Angaben der Anschrift und des Geschäftszweiges erfolgen ohne Gewähr.

Veränderungen

30.08.2011

Kash Capital GmbH, Hofheim am Taunus, Nordring 30, 65719 Hofheim am Taunus. Bestellt als Geschäftsführer: Shijaku, Kadrush, Hofheim/Ts., *15.11.1971, einzelvertretungsberechtigt; mit der Befugnis, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen. Nicht mehr Geschäftsführer: Mxxx, Manfred, Darmstadt, *xx.xx.1982.

Quelle: Handelsregister

Fortgesetzt werden soll das Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am 4. Okt. 2012 um 9.15 Uhr. Erwartet wird dabei auch die Aussage von einer Frau, die inzwischen verheiratet ist mit Robert Juric (Geschäftsführer der Saleshouse und Vorstand der Europe Media AG) dem langjährigen Weggefährten und Geschäftsfreund von Faustus Eberle. Mal sehen, was die Frau dort aussagen wird, denn schließlich kennen sich die Akteure. Immerhin ist bekannt: "Bei Jurics ist sogar die ganze Familie am Schaffen".

Im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Prozess tauchen bezüglich Faustus Eberle auch wieder Hinweise vom selbsternannten "Business Angel" und "Wirtschaftswunderkind" auf. Verwiesen wird dann gerne auf Eberles Kurzbiografie, in der u.a. zu lesen ist:

Faustus Eberle gründete 1999 mit 19 Jahren sein erstes Unternehmen, das sich auf den Verkauf von Luxus-Autos spezialisiert hatte. Bald darauf verkaufte er das Unternehmen und gründete verschiedene Firmen im Bereich Vermarktung.

Über Eberles geschäftliche Aktivitäten mit Autos gab es zu der Zeit dagegen noch ganz andere Berichte. Als Beispiel sei nur ein Kapitel aus dem Buch Die Internet-Mafia von Hermann Eisele erwähnt.

Ebenfalls nach Frankfurt führen eine kurze Meldung ... - und ein früheres Impressum von autotester24.de, das später geändert wurde.
"Vermarktung und Design: Trinion Multimedia Design GmbH, Vilbeler Landstraße 36, 60386 Frankfurt am Main"

Die Frankfurter Trinion GmbH ist in der Branche kein Unbekannter und betrieb schon diverse dubiose Seiten, so dass es eher unwahrscheinlich ist, dass sie ausgerechnet bei diesem Projekt nur die Vermarktung und das Design machten. Geschäftsführer dieser Firma war zur Zeit des Autotester-Schwindels Faustus Eberle ...

Offensichtlich wurde es Eberle nach dem Medienrummel um autotester24.de doch zu heiß, so dass er kurz vor einer Sendung des SAT1-Reportage-Magazins Akte03 offiziell aus der Geschäftsführung ausschied und Daniel Farrenkopf (...) zum Geschäftsführer machte.

Quelle: Die Internet-Mafia, Band I, S. 84/85