Der Leiter des Betrugskommissariates in Offenbach, Werner Kerpen, war bei einer Durchsuchungsaktion am Donnerstag in der Raiffeisenstraße in Obertshausen offensichtlich überrascht. In über 30 Dienstjahren als Polizist ist ihm eine derartige Produktionsstätte bisher noch nicht unter gekommen. Er und seine Mitarbeiter stießen auf eine riesige Lagerhalle, die bis unters Dach mit Druckerpatronen namhafter Hersteller gefüllt war.
Wie erste Überprüfungen ergaben, dürfte es sich bei den Patronen durchweg um Plagiate handeln. Offensichtlich wurden leere Kartuschen mit minderwertiger Farbe befüllt, mit Hologrammen, Garantiesiegeln und Begleitpapieren versehen, anschließend originalgetreu eingeschweißt und zuletzt in einem dem Original täuschend ähnlich sehenden Karton verpackt. Anschließend wurden die Patronen über verschiedene Vertriebskanäle in den Handel gebracht. Wie viele Druckerpatronen im Lager gehortet sind und wie viele bereits verkauft wurden, kann noch nicht abschließend gesagt werden. "Wir werden mehrere Lastwagenladungen an beschlagnahmten Druckerpatronen aus dem Lager holen", so Kerpen zu den noch andauernden Maßnahmen.
"Wann die Durchsuchung abgeschlossen sein wird, lässt sich noch nicht absehen - mit Sicherheit kann jedoch schon jetzt der wirtschaftliche Schaden für die Firmen mit mehreren Millionen Euro beziffert werden." Diese Sicherheit zog der Kommissariatsleiter aus den Untersuchungen und Berechnungen der Sachverständigen, die von den betroffenen Firmen umgehend entsandt wurden und mitteilten, dass es sich bei den Patronen um Fälschungen handele - und zwar in einer Größenordnung, die auch sie noch nie zuvor gesehen hätten. Doch damit nicht genug: In der Lagerhalle befand sich noch eine Produktionsstätte, in der die Patronen wohl hergestellt wurden. "Dies ist eine neue Dimension", so Kerpen weiter, "nach unseren bisherigen Erkenntnissen wurden derartige Falsifikate bislang stets im Ausland, meist im fernen Asien, hergestellt." Dass sich die Produktionsstätte für gefälschte Druckerpatronen in Deutschland befindet, sei auch nach Erkenntnissen der anwesenden Sachverständigen einmalig.
Die Ermittlungen gehen schon in den Beginn dieses Jahres zurück. Damals erschienen verstärkt Druckerpatronen auf dem Markt, die sich als billige Fälschungen entpuppten. Die Rückverfolgung der Vertriebswege führte dann auch nach Obertshausen. Nachdem ausreichend Verdachtsmomente gegen die Firma in der Raiffeisenstraße beisammen waren, beantragte die Staatsanwaltschaft in Darmstadt einen Durchsuchungsbeschluss beim Gericht. Dieser wurde heute vollstreckt. Darüber hinaus durchsuchten die Polizeibeamten in Offenbach auch die Wohnung des 47-jährigen Geschäftsführers, gegen den sich das Verfahren richtet. Der Geschäftsführer konnte nach den polizeilichen Maßnahmen zunächst wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Die Ermittlungen dauern an.
Quelle: Polizeipräsidium Südosthessen