09.02.10

WISO berichtete über Adressbuchschwindel

Teure Branchenverzeichnisse:

Vorsicht vor Einträgen in nutzlosen Registern

500 Euro für einen Eintrag in ein nutzloses Register: Auf solche "Angebote" fallen im Moment so viele Kleinunternehmer herein wie noch nie. Der so genannte Adressbuchschwindel richtet in der Wirtschaft jedes Jahr einen Millionenschaden an. Die Hintermänner rechtlich zu verfolgen ist schwierig.

Michael K. führt eine Autowerkstatt im bayerischen Dillingen. Weil das Geschäft gut läuft, hat er sich überlegt, sein Unternehmen zu erweitern: Er schafft sich ein Wohnmobil an, um es zu vermieten. Der Werkstattbesitzer muss einiges an Papierkram erledigen, um seinen Eintrag im Handelsregister entsprechend anzupassen. Kurz darauf bekommt er Post von mehreren Adressbuchfirmen. Die Zentrale Register Verwaltung, die Gewerbe Zentrale Deutschland sowie die Industrie- und Gewerberegister-Zentrale wollen Geld dafür, dass sie die Werkstatt in ihre - offenbar nutzlosen - Branchenverzeichnisse aufnehmen.

Angebote, die Rechnungen gleichen

In WISO erzählt Michael K.: "Wir waren gerade im Urlaub, als die Schreiben kamen. Als wir wieder zuhause waren, haben wir die Post schneller als sonst durchgearbeitet und da sind sie mit durchgerutscht." Die Schreiben hätten eine professionelle Aufmachung gehabt, die Rechnungen sehr ähnlich seinen. Michael K. überwies dreimal rund 500 Euro. Vermutlich wurden die Adressbuchfirmen auf ihn aufmerksam, als seine Änderung im Handelsregister veröffentlicht wurde.

Der Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität geht gegen die Adressbuchschwindler vor, die überall in Deutschland massenweise solche Formulare verschicken. Es ist immer die gleiche Masche: Wer nicht genau hinschaut, kann solch ein Angebot, leicht für eine amtliche Rechnung halten. Peter Solf, der sich um den Adressbuchschwindel kümmert, erklärt: "Es gab im letzten Jahr 80 verschiedene Anbieter, das ist wesentlich mehr als in den Jahren zuvor." Solf geht davon aus, dass dadurch ein Schaden von mehreren Millionen entstanden ist.

Kunden fühlen sich betrogen

Auch Burkhard Sch., Besitzer einer Fahrschule in der Nähe von Lüneburg, hat Erfahrungen mit solchen Firmen gemacht. Er hat reihenweise Post von Adressbuchfirmen bekommen, nachdem er eine weitere Fahrschule übernommen hatte. Gleich fünf Absender wollten jeweils bis zu 600 Euro für Registereinträge. Burkhard Sch. zahlte knapp 2000 Euro. Die Einträge, die er dafür bekommen hat, sind für ihn völlig sinnlos: "Ich bin mit meiner Fahrschule im norddeutschen Raum tätig." In solchen Branchenverzeichnissen zu werben bringe ihm überhaupt nichts: "Da wäre eine Anzeige in der Lokalzeitung sinnvoller gewesen."

Die Fahrschule Sch. bekommt für die bezahlten Rechnungen unter anderem einen Eintrag auf der Internetseite www.branchenbuchauskunft.net. Auch die Autowerkstatt K. landet auf dieser Internetseite. Für Michael K. grenzt die Masche der Adressbuchfirmen an Betrug. Er will sein Geld zurück, doch das ist schwierig. Die Adressbuchfirmen reagieren kaum auf Briefe und ziehen immer wieder um.

Wer steckt hinter den Formularen?

Der Absender der Zentralen Register Verwaltung (ZRV) führt WISO nach Berlin, zu einer Topadresse in der Innenstadt. Die Deutsche Bureau AG, ein Büroservice, vermietet diese Anschrift an Firmenkunden. Diese bekommen auf diese Weise eine Geschäftsadresse, ohne dort wirklich Büroräume zu besitzen. Ein Interview lehnt das Unternehmen ab. Stattdessen erklärt die Deutsche Bureau AG gegenüber WISO schriftlich, die Zentrale Register Verwaltung sei Kunde ihres Hauses gewesen. Man habe mitbekommen, dass die Firma "rechtswidrigen Handlungen nachgehen könnte". Daraufhin habe die Deutsche Bureau AG der Zentralen Register Verwaltung gekündigt.

Eine weitere Spur führt nach Sulzheim in der Nähe von Worms - zum Hintermann der ZRV, Christian M. Sein Name steht auch am Briefkasten einer Adresse, die er für seine Firmen angibt. WISO sprach mit einem Nachbarn in dem Mehrfamilienhaus. Dieser meinte, Christian M. würde dort überhaupt nicht wohnen und käme nur ab und zu vorbei. "Wenn er kommt, dann geht er nur an den Briefkasten, leert den schnell und ist dann wieder weg. Das geht noch nicht einmal zwei Minuten." Schriftlich erklärt Christian M.s Zentrale Register Verwaltung: "Unserem Angebot ist klar und deutlich zu entnehmen, dass es sich um eine kostenpflichtige Eintragung auf einem Internetportal handelt." Daher müsse man einer "Rückerstattung des uns überwiesenen Betrages leider eine Absage erteilen."

Rechtsprechung uneinheitlich

Anwalt Bodo Schick kämpft seit Jahren gegen die Adressbuchschwindler. Er bemängelt, dass es bisher noch keine einheitliche Rechtsprechung vor Gericht gebe. In WISO sagt er: "Die Erfolgsaussichten liegen bei 50 Prozent. Es gibt einige Richter, die eine Gesamtwürdigung der Umstände machen und sagen, das sei Betrug." Aber es gebe andere Richter, die sagten, Vertrag sei Vertrag und der müsse eingehalten werden. "Genau darauf berufen sich diese Schwindler."

Werkstattbesitzer Michael K. hat sich gewehrt und einen Anwalt eingeschaltet. Zum Teil mit Erfolg: Von zwei Firmen hat er das Geld mittlerweile wieder zurückbekommen. Gegen die Zentrale Register Verwaltung zieht er jetzt vor Gericht.

Quelle: ZDF - WISO

Das Video des Beitrags: ZDF-WISO - dubiose Branchenbücher