15.07.13

Sicherungsmaßnahmen im Betrugsverfahren zu "Lotto 3000"

Staatsanwaltschaft Mannheim

601 Js 31893 / 11 - (- 641 AR 286/13 (VA) -)

In einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Mannheim wegen Betruges u.a. im Zusammenhang mit der vorgeblichen Lottospielgemeinschaft „Lotto 3000“ konnte aufgrund des dinglichen Arrestes der Staatsanwaltschaft Mannheim vom 11.01.2013 und des diesbezüglich durch das Amtsgericht Mannheim ergangenen Bestätigungsbeschlusses vom 25.01.2013 zur Sicherung der zivilrechtlichen Ansprüche der Geschädigten ein Betrag von 95.000,-- EUR bei einem Beschuldigten sichergestellt und unter Az. 4 HL 938/13 beim Amtsgericht Mannheim hinterlegt werden.

Den bisherigen Ermittlungen zufolge besteht der dringende Verdacht, dass der Beschuldigte und weitere Täter zu Beginn des Jahres 2011 eine tatsächlich nur fiktiv bestehende Lottospielgemeinschaft „Lotto 3000“ aufgelegt und die Teilnahme an dieser über externe Call-Center per Telefon vertrieben haben. Den Angerufenen wurde hierbei in der Regel vorgespiegelt, sie hätten einen werthaltigen Gutschein in Höhe von EUR 100,-- gewonnen. Tatsächlich gab es einen solchen Gutschein nicht. Durch bewusst manipulative und irreführende Gesprächsführung wurden die Angerufenen dazu veranlasst, im Gesprächsverlauf möglichst häufig mit „Ja“ zu antworten, um diese Äußerungen zum Nachweis eines angeblichen Vertragsschlusses verwenden zu können. Die Geschädigten wurden teilweise durch unzulässig zusammengeschnitte Voicefiles oder massive Drohanrufe zu Zahlungen veranlasst.

Der Beschuldigte, ein Rechtsanwalt, soll das System „Lotto 3000“ mitentwickelt haben und für den gesamten Bereich Kundenverwaltung, Mahnung, Inkasso und Abwehr berechtigter Forderungen verantwortlich gewesen sein.

Die Staatsanwaltschaft Mannheim führt in der vorliegenden Strafsache neben den Ermittlungen zugleich ein Rückgewinnungshilfeverfahren zugunsten der durch die Straftat Geschädigten durch. In diesem Zusammenhang wurde der oben bezeichnete Vermögenswert d. Beschuldigten durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 111b ff StPO einstweilen gesichert. Ziel des Rückgewinnungshilfeverfahrens ist es mitunter aus der Straftat hervorgegangenen Geschädigten einen (ggfs. teilweisen) finanziellen Ersatz zu ermöglichen.

Der vom Gesetz vorgesehene Ablauf sieht dabei vor, dass jede(r) Geschädigte selbst aktiv wird. Im Regelfall muss daher jede(r) Geschädigte seine evtl. Ersatzansprüche gerichtlich geltend machen und anschließend mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auf die von der Staatsanwaltschaft sozusagen für Geschädigte reservierte Vermögenswerte Zugriff nehmen.

Erfolgen keine Maßnahmen durch Verletzte erhält d. Beschuldigte die gesicherten Vermögenswerte unter Umständen trotz rechtskräftiger Verurteilung wieder zurück!

Bei einem ausdrücklichen Verzicht der Geschädigten auf die Geltendmachung ihrer Ansprüche oder in einem Verfahren nach § 111i Abs. 2 - 6 StPO können die gesicherten Vermögenswerte dem Staatsfiskus zufallen.

Die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Zivil- und Zwangsvollstreckungsverfahrens und die damit grundsätzlich vorweg anzustellende Kosten-Nutzen-Frage können Sie mit einem Rechtsanwalt Ihrer Wahl erörtern. Haben Sie bitte Verständnis, dass die Staatsanwaltschaft oder das Strafgericht keine Ratschläge zum Verfahren oder weitere Auskünfte zur Werthaltigkeit und Belastungen der gesicherten Vermögenswerte sowie Erfolgsaussichten einer Zwangsvollstreckung geben kann und darf.

Bitte bedenken Sie, dass Sie grundsätzlich nur im Wege der Zwangsvollstreckung auf die gesicherten Vermögenswerte Zugriff nehmen können. Dies setzt einen zivilrechtlichen Titel voraus (z.B. Vollstreckungsbescheid, vollstreckbares Urteil, Anerkenntnisurteil, o.ä.) oder im Rahmen des vorläufigen Rechtschutzes mittel einstweiliger Verfügung oder eines dinglichen Arrests. Nur im Ausnahmefall, wenn der Ihnen entwendete Gegenstand von der Staatsanwaltschaft gesichert werden konnte, ist ein formloser Antrag an die Staatsanwaltschaft auf Herausgabe ausreichend (§ 111k StPO).
Ihre Zwangsvollstreckung in das gesicherte Vermögen bedarf noch der Zulassung durch das Strafgericht (§ 111g StPO) oder bei Vollstreckung in Immobilien der richterlichen Zustimmung zum Rangrücktritt der Staatsanwaltschaft (§ 111h StPO).
Das in der Zwangsvollstreckung herrschende Prioritätsprinzip gilt auch in Rückgewinnungshilfeverfahren und wird durch eine Zulassung grundsätzlich nicht verändert. Dies bedeutet, dass der zuerst zugreifende Gläubiger stets ein rangbesseres Pfandrecht als ein später vollstreckender Gläubiger hat. Die Erfolgsaussichten für die Durchsetzung der Ansprüche sind daher bei einem schnellen Zugriff wesentlich höher. Zudem ist die Aufrechterhaltung der Sicherungsmaßnahme zeitlich begrenzt.
Ein Verteilungsverfahren für die Geschädigten durch die Staatsanwaltschaft oder das Strafgericht findet nicht statt. Die bloße Anmeldung Ihrer Forderung entfaltet keinerlei Rechtswirkung.

Bitte haben Sie Verständnis, dass eine Rechtsberatung durch die Staatsanwaltschaft nicht erlaubt ist und die Beantwortung weitere Ersuchen und Anfragen zugunsten der vorrangigen Ermittlungen zurückgestellt werden.

Hinweise zu Rechten als Geschädigter finden sich darüber hinaus in den Hinweisblättern („Rechte von Verletzten und Geschädigten“) unter www.jum.baden-wuerttemberg.de in der Rubrik Opferschutz.

Quelle: Bundesanzeiger

Lesenswert sind in dem Zusammenhang auch die Hintergründe und Fakten zur Telefonabzocke von "Lotto 3000" vom Dezember 2011.

Wie berichtet, soll der Heidelberger Rechtsanwalt Georg Meyer-Wahl im Sommer auf Mallorca gewesen sein. Thema seiner Gespräche: „Lotto 3000“.

Quelle und vollständiger Bericht: Pforzheimer Zeitung